Hoffnungs- und Wunschträger Grüner Wasserstoff | HLK

2022-08-19 22:00:42 By : Mr. UG Best

Was hat dieses Schiff mit Österreich und einer 50-Millionen-Euro-Investition in Wasserstofftechnologie zu tun? Lesen Sie den Beitrag und erfahren Sie es.

Auch wenn in Europa sogar Kohlekraftwerke wieder ein Revival erleben und ans Netz gehen sollen, so gibt es auch viele Aktivitäten in die andere Richtung. Dieser Artikel listet einige interessante Details der letzten Monate auf, die zeigen: Auch bei erneuerbaren Energien und beim Thema Grüner Wasserstoff tut sich einiges. Sogar in Österreich, obwohl die heimische Politik das Wasserstoff-Thema sehr stiefmütterlich behandelt. Grüner Wasserstoff ist einer der erneuerbaren Hoffnungs- und Wunschträger. Dafür wird jetzt auch investiert.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Wasserstoff (H2) zu gewinnen. Mittels Dampfreformierung wird er z. B. im industriellen Maßstab gewonnen. Der ist aber nicht „grün“, also klimafreundlich hergestellt. Eine andere Variante: Mit Elektrolyseuren kann durch Wasserspaltung Wasserstoff (und Sauerstoff) gewonnen werden. Wird die für die Elektrolyse nötige Energie vollständig durch erneuerbare Energien – wie z.B. aus PV – angewendet, so resultiert Grüner Wasserstoff. Im Gegensatz zu Strom wird mit H2 speicherbare Sekundärenergie gewonnen. Regenerativ erzeugter Strom wird in Form von Wasserstoff zwischengespeichert und kann je nach Bedarf beispielsweise als Strom(und Wärme) über Brennstoffzellen zurückgewonnen werden. H2 gilt neben vielen weiteren Einsatzgebieten beispielsweise der Industrie und Mobilität mittlerweile auch als interessante Alternative zu Erdgas in der Heiztechnik. Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, Wasserstoff zu gewinnen, und zwar z. B. aus Abwasser mittels „dunkler Fermentation“. In Münster/D ist eine dahingehende Versuchsanlage installiert, die aus Abwässern neben organischen Säuren (Milch-/Buttersäure) auch Wasserstoff gewinnt!

Wasserstoff kann vielseitig genutzt werden – für Wärme, zur Stromerzeugung, als Antriebsenergie. Brennstoffzellen können aus Wasserstoff Strom und Wärme erzeugen. Weil Wasserstoff aber noch nicht in die bestehenden Leitungen eingespeist wird, werden die in Deutschland bereits tausendfach in Betrieb befindlichen Brennstoffzellen(heiz)geräte derzeit mit Erdgas betrieben. In Österreich sind Brennstoffzellen kein Thema – es gibt keine Förderung dafür. Die heimische Politik ignoriert die Technik und das Thema. Dabei ist das Gros der (Erd)Gasheizgeräte ist bereits heute bis zu einem Grad „H2-ready. Der Wasserstoff könnte in die (bestehenden) Erdgasleitungen eingebracht werden (was derzeit aber noch kaum geschieht). Einige Hersteller haben mittlerweile sogar Heizgeräte vorgestellt, die mit reinem Wasserstoff betrieben werden können. Auch als Antriebsenergie für Fahrzeuge wird Wasserstoff favorisiert – Fahrzeug-Hersteller arbeiten intensiv daran; einige LKW fahren bereits mit H2.

Im Juli 2022 wurde bekannt, dass im Burgenland der bisher größte Elektrolyseur Österreichs entstehen wird. Aus 300 MW Wind- und Sonnenenergie werden im Vollausbau 40.000 Tonnen grüner Wasserstoff produziert. Damit ist das Projekt – initiiert von Burgenland Energie gemeinsam mit Verbund und Partnern – auch im europäischen Vergleich eines der größten Wasserstoffprojekte. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfordert eine große Menge an erneuerbarer Energie, die in der Europäischen Union mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gänzlich lokal erzeugt werden kann. Daher wird auch die Einfuhr von grünem Wasserstoff in großem Maßstab erforderlich sein. Es zeichnet sich ab, dass der Hafen in Rotterdam zum Hauptumschlagplatz bei grünen Brennstoffen (nicht nur H2) in Europa wird. Warum, ist leicht erklärt.

Im Juni 2022 wurde bekannt, dass der finnische Neste-Konzern die bestehende Bioraffinerie in Rotterdam massiv ausbauen wird und dafür 1,9 Mrd. Euro investiert, wie die HLK berichtet. Der Konzern betreibt weltweit Raffinerien und zählt mittlerweile zu einem der Weltmarktführer für erneuerbare Brenn- und Kraftstoffe. Mit der Investition in Rotterdam soll die Produktionskapazität erneuerbarer Produkte von derzeit 1,3 Mio. Tonnen auf 2,7 Mio. Tonnen pro Jahr mehr als verdoppelt werden. 2026 soll die neue Anlage in Betrieb gehen. Nach seiner Fertigstellung wird das Rotterdamer Erweiterungsprojekt die Gesamtproduktionskapazität von Neste für erneuerbare Produkte bis Ende 2026 auf 6,8 Mio. Tonnen erhöhen. Zum Vergleich: Der Heizölverbrauch in Österreich beträgt jährlich rund 1 Mio. Tonnen (Durchschnitt der Jahre 2020/2021 Heizöl Extraleicht). Die Investitionsentscheidung zieht weitere Interessenten nach Rotterdam.

Air Products und Gunvor Petroleum Rotterdam haben im Juli 2022 eine Entwicklungsvereinbarung für ein Importterminal in Rotterdam unterzeichnet. Die Vereinbarung ist eine Reaktion auf die steigende Nachfrage nach grünen Energiequellen, um die Klimaziele zu erreichen und die Energiequellen zu diversifizieren. Das Gunvor-Gelände in Europoort Rotterdam bietet eine gute strategische Lage für die Anlandung von grünem Ammoniak aus großumfänglichen und überseeischen Wasserstoffproduktionsanlagen, die von Air Products und seinen Partnern betriebenen werden. Nach der Ankunft wird das grüne Ammoniak in grünen Wasserstoff umgewandelt und an europäische Märkte wie die Niederlande, Deutschland und Belgien vertrieben. Das Importterminal wird voraussichtlich 2026 den ersten grünen Wasserstoff liefern.

Bosch will in Österreich bis 2026 rund 50 Mio. Euro in Technologien zur Nutzung regenerativer Kraftstoffe (Wasserstoff) für Großmotoren investieren. Die Europäische Kommission hat die Förderung dieses Projekts im Rahmen des IPCEI (Important Projects of Common European Interest) mit Fokus auf Wasserstoff „Hy2Tech“ genehmigt. „Unser Anspruch ist, mit innovativen Produkten die Transformation weg von fossilen Brennstoffen zu unterstützen. Wasserstoff als Energieträger ist ein zentrales Instrument, um dies voranzutreiben – vor allem für schwer elektrifizierbare Bereiche“, so Helmut Weinwurm, Vorstandsvorsitzender der Robert Bosch AG und Repräsentant der Bosch-Gruppe in Österreich. Die Bosch-Gruppe bietet Technik für den Wasserstoffeinsatz in unterschiedlichen Sektoren. In Österreich arbeitet das Unternehmen derzeit an mehreren Projekten für die weltweite Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Einspritzsysteme für Großmotoren aus Hallein finden international Anwendung in der Schifffahrt, dem Schienengütersektor, Industrieanwendungen sowie in der dezentralen Stromerzeugung wie beispielsweise Notstromaggregaten für Krankenhäuser oder Server-Farmen. In Wien entwickelt Bosch Software- und Hardware-Lösungen für alle Antriebsarten – auch für Brennstoffzellen-Antriebe. Da die Brennstoffzelle lokal lediglich Wasser emittiert, birgt sie ein enormes Potenzial für die Mobilität der Zukunft. Mit Wasserstoff aus erneuerbarer Energie erfolgt der Transport zudem klimaneutral. Weiters arbeitet Bosch in Linz an Wasserstoff-Tankventilen. Seit Anfang 2022 ist der Standort Linz zudem an der Entwicklung von Komponenten für Elektrolyseure beteiligt. In diesen Anlagen wird Wasser mithilfe von Strom bevorzugt aus den erneuerbaren Quellen wie Windkraft oder Photovoltaik per Elektrolyse in sogenannten grünen Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt. Österreich treibt neben anderen Standorten im internationalen Entwicklungsverbund der Bosch-Gruppe die Industrialisierung der Stacks für Elektrolyseure voran. Von 2025 an will das Unternehmen Smart Modules an Hersteller von Elektrolyse-Anlagen sowie Industrie-Dienstleister liefern. Erste Pilotanlagen sollen bereits kommendes Jahr in Betrieb gehen. Damit will Bosch für einen wirksamen Klimaschutz künftig nicht nur Wasserstoff nutzen, sondern sich auch an der Herstellung beteiligen. Bosch ist vom Energieträger Wasserstoff überzeugt und arbeitet an stationären und mobilen Brennstoffzellen. Erstere soll unter anderem in Form kleiner dezentraler Kraftwerke in Städten, Rechenzentren, Handel, Gewerbe, im maritimen Bereich und beim Betreiben von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen.

Um dem Thema Wasserstoff mehr Aufmerksamkeit zu widmen und Wissen zu bündeln bzw. zu vermitteln, wurde am 5. Mai 2022 die „Deutsch Österreichische Gesellschaft für Wasserstoff“(DÖGWA) in Pforzheim/D mit österreichischer Beteiligung aus der Taufe gehoben. Die HTL Wiener Neustadt über ihren Projektverein „Energieplattform NÖ-SÜD/Schneebergland“ zählt sich mit der Akademie der Hochschule Pforzheim/D, der Firma HydroSolid aus Wilhelmsburg/A und dem Studienzentrum Weiz/A zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgemeinschaft DÖGWA. Gerald Stickler von der HTL Wiener Neustadt ist einer der Mitbegründer dieses Vereins – mit ihm führte HLK-Redakteur Kristof Lutz ein exklusives Interview, das in der HLK 6-7/2022 erschien (und auch online für PRIME-Mitglieder bei der HLK nachzulesen ist). Stickler liefert dabei gleichsam spannende wie wichtige Details zum derzeitigen Stand in punkto Wasserstoff und bemängelt die (im Vergleich zu Deutschland) fehlenden Förderungen für Wasserstoff(-Batterien) in Österreich.

Inzwischen gibt es neben der österreichischen- und deutschen auch eine schweizerische Beteiligung an der Gesellschaft für Wasserstoff – der Name DÖGWA wurde deshalb auf DACH-Gesellschaft für Wasserstoff (DACHGWA) geändert. Die DACHGWA ist es auch, die das 1. D-A-CH-Wasserstoffsymposium veranstaltet. A m 29. September 2022 erfährt man an der HTL in Wiener Neustadt/NÖ einiges zum Thema Wasserstoff. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos (Anmeldung aber erforderlich). Das Symposium wird auch über ZOOM übertragen. Hier erfahren Sie die Programm-Details zum 1. D-A-CH-Wasserstoffsymposium, bei dem u. a. auch ein Wasserstoffspeicher für zu Einfamilienhäuser vorgestellt wird. Der richtige Zeitpunkt zum Einsteigen ins Thema Wasserstoff.

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